Mandalay - Barfuss auf die Pagoden - Myanmar 2016-17- 10
01.-03.01.2017 - Mandalay
Weil heute wieder ein Fahrtag ist und wir kurz nach Mittag in Mandalay sein wollen treffen wir uns sehr zeitig. Es gibt leckeren Pfannkuchen zum Frühstück. Der Kaffee ist wie so oft grenzwertig, aber Jürgen zieht ihn trotzdem den Teebeuteln, die Freya nimmt, vor.
Im Bus guckt Freya dann Jürgen an. Immodium? Jürgen nickt. Zum Glück vertragen wir beide das Medikament hervorragend - Verstopfung: Was ist das?
Für Freya kommt es aber schon wieder zu spät. Nachdem sie heldenhaft eine Stunde lang heiße und kalte Wellen ertragen hat, sieht sie es endlich ein. Bis zum nächsten Stopp kann sie nicht warten und schickt daher Jürgen nach vorne, um einen Halt zu erbitten. Kurz darauf stoppt der Bus und sie schlägt sich in die Büsche. Gute Entscheidung.
Wenige Minuten später geht es in engen Serpentinen erst runter und dann wieder rauf. LKW an LKW und wir mitten drin. Munter überholen uns Motorradfahrer ohne Helm und mit Flipflops. Wir sehen auch zwei Motorradfahrer, die jeweils ein weiteres Motorrad quer hinter sich transportieren.
Zum Mittagessen halten wir an einem „Autobahnrestaurant“ oder was immer das Äquivalent auf gut befahrenen Landstraßen ist. Alle Bedienungen tragen Cowboyhüte und es hängen Eisenglocken unterschiedlicher Machart von den Balken herunter. Das Restaurant ist gut besucht, sodass wir quer durch den großen Raum verteilt sind. Freya isst ein Puddingstückchen und Jürgen Chicken süß/sauer. Hier war es bis jetzt das beste, erfährt Freya.
In den Vororten von Mandalay überholen wir eine riesige Haarschneide Prozession. Mit Lastern auf denen hinter riesigen Lautsprechern Musiker sitzen, mit Pferden und Tänzern und eine Menge goldener Schirme. Viele Leute säumen die Straße und sehen sich das Spektakel an. Es ist wunderbar anzuschauen und wir fahren langsam daran vorbei.
Um 14:00 Uhr sind wir im Hotel und unsere Zimmer sind noch nicht fertig. Allerdings können wir schon unsere Koffer abstellen. Im Zimmer ist es stickig und heiß und alle Fenster des Hotels sind vergittert. Jürgen probiert die Klimaanlage aus. Tut nicht. Also gut, dann tauschen wir eben das Zimmer. Allerdings erst wenn wir zurück kommen. Jetzt machen wir erst einmal eine Stadtrundfahrt. Auf dem Programm steht eine Teakholzpagode, die größte Bibliothek der Welt und Mandalay Hill mit Sonnenuntergang.
Die Pagode hätte uns am Anfang der Reise vielleicht noch begeistert. Mittlerweile laufen wir alle eher motivationslos herum, schießen ein paar Photos und sind nicht böse als es weitergeht.
„Die größte Bibliothek der Welt“ zu der es dann geht ist vielleicht etwas missverständlich, denn klassische Bücher aus Papier findet man da nicht. In der Kuthodaw Pagode sind die Bücher aus Stein. In 729 kleinen Stupas stehen Marmorplatten auf denen das Leben Buddhas erzählt wird.
Dies ist jetzt wieder etwas was man wo anders nicht findet. Wir laufen durch die großzügige Anlage und versuchen eine Ecke zu finden, die nicht so überlaufen ist. Schwierig, denn Mandalay ist neben Yangon und Bagan das touristische Zentrum Myanmars und so nebenbei auch noch die zweitgrößte Stadt des Landes.
Rechtzeitig vor Sonnenuntergang treffen wir uns wieder vor dem Ausgang, um mit einem gecharterten Pickup auf den Mandalay Hill zu fahren. Den hatten wir bei unserer letzten Reise beide ausgelassen, obwohl er eigentlich zum touristischen Pflichtprogramm gehört. An einem sehr klaren Tag oder wenn es einen richtig schönen Sonnenuntergang gibt mag dies auch seine Berechtigung haben. Ansonsten kann man sich den Herdenauftrieb aber auch sparen.
Beim Rückweg in die Stadt empfiehlt Thein zwei Restaurants. Einen Thai und einen Chinesen. Beide auf halbem Weg zum Hotel. Ein Teil der Gruppe möchte zum einen, ein anderer zum anderen. Also stoppt der Pickup an beiden Restaurants.
Nur wir, Heinfried, Birgit und Michael fahren zum Hotel. Wir wollen nämlich noch den Zimmertausch über die Bühne bringen, Birgit und Michael wollen zum Nachtmarkt und Heinfried einen ruhigen Abend.
Dass wir mit Thein zum Hotel sind war dann auch eine gute Entscheidung. Alleine wäre das nie etwas geworden.
Nachdem das mit unserem Zimmer geklärt ist, wollen wir los, um uns in der Nähe etwas zum Essen zu suchen. Direkt an der Ecke ist ein Hotel mit Restaurant, aber sooo einfach wollen wir es uns auch nicht machen. Nachdem wir innerhalb der nächsten drei Blöcken aber nichts besseres finden - es gab nur eher fragwürdig aussehendes streetfood - landen wir letztendlich aber doch dort. Die Qualität war dann aber so, dass wir wohl auch in unserem Chaos-Hotel hätten bleiben können.
Morgens im Frühstücksraum treffen wir meistens zunächst auf Kurt. Häufig sind er und wir es, die den Frühstücksreigen anführen. Hier ist dies nicht viel anders. Da das Hotel im indischen Bezirk liegt, gibt es einiges aus der asiatischen Küche zum Frühstück. Für diejenigen, die ein europäisches Frühstück bevorzugen sieht es düster aus. Irgendwie schafft es Jürgen die Bedienung dazu zu animieren Spiegeleier zu braten. Das wollen die anderen aus der Gruppe dann natürlich auch haben.
Um 8:00 Uhr sind wir alle unten vor dem Hotel und es kann losgehen. Wir fahren zum Irrawaddy-Fluss weil wir mit dem Boot nach Mingun wollen, um uns dort unter anderem die riesige, aber nie fertig gestellte Pahtodawgyi-Pagode anzusehen.
Als Freya den Einstieg ins Boot sieht schüttelt sie den Kopf und sagt: „Nein“. Dann verschränkt sie die Arme und sagt noch mal „Nein“. Es fehlt nur noch, dass Sie mit dem Fuß aufstampft.
Über die zwei einen halben Meter auseinander liegenden Bretter geht sie nicht. Thein versucht es mit Überredung aber das zieht auch nicht. Schließlich werden die Bretter dichter aneinander gelegt und Thein reicht Freya die Hand. Na gut, so versucht sie es. Es geht dann, immer mit Latten, noch über zwei andere Schiffe, bis wir da sind wo wir hin sollen.
Auf dem Deck unseres Bootes ist es ganz nett, auch wenn die Sessel weniger gemütlich sind, als man beim ersten Angucken so meint.
Während wir auslaufen beobachten wir wie ein Frachter entladen wird. Sack an Sack, wie die Blattschneideameisen laufen die Menschen beladen vom Boot die steile Böschung hinauf zum wartenden LKW, um dann umzukehren und wieder einen neuen Sack auf den Kopf zu nehmen.
Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir Mingun und wie vor 15 Jahren werden wir hier von aufdringlichen Händlern bedrängt. Es hilft nichts, da müssen wir jetzt durch und die Bluse, die Freya interessiert würdigt sie nur mit einem Seitenblick. Allerdings verspricht sie zurückzukommen und auch wenn es noch etliche Stände mit solchen Blusen gibt, wird sie am Ende des Besuchs extra früher aufbrechen, um den Stand noch mal zu beehren.
Die Pahtodawgyi-Pagode sollte eigentlich mal die weltgrößte Stupa werden. Doch als Prophezeiungen aufkamen, dass der König sterben würde sobald die Pagode fertig gestellt ist, lies dieser die Fertigstellung herauszögern. Nach seinem Tod war dann aber auch niemand mehr an der Fertigstellung interessiert. 1839 verursachte ein Erdbeben dann erste große Risse und während Jürgen vor 15 Jahren noch nach oben klettern konnte, habe weitere Erdbeben zwischenzeitlich eine Sperrung nach sich gezogen.
Wenn man bedenkt, dass dieser riesige Klotz nur ein Drittel der ursprünglich geplanten Höhe erreicht hat, so wird der Gigantismus des damaligen Königs erst so richtig deutlich.
Zu den Planungen der Pagode gehört auch die große Glocke, die wir anschließend besuchen. Mit ihren 90 Tonnen ist sie selbst heute noch die zweitgrößte klingende Glocke der Welt.
Zwischendurch lernt Freya einen niedlichen Welpen kennen, der ihr die Füße leckt und auch ansonsten versucht, sie näher kennenzulernen. Nur mit äußerster Selbstüberwindung und auch nur weil ihre Handtasche zu klein ist, packt sie den kleinen Kerl nicht ein.
Bei der weißen Hsinbyume Pagode muss sie dann wieder feststellen, dass die schlimmsten Zerstörer in diesem Land die Weißbinder sind. Ist das nicht toll mit einer Spritze großräumig weiße Farbe aufzutragen? Über Messinggriffe, über den Boden, über einzelne goldene Bereiche - egal, Hauptsache weiß. Es ist gruselig.
Wobei Jürgen schon feststellen muss, dass nach all dem Gold strahlendes Weiß gut aussieht. Gut: Abkleben oder zumindest mal abdecken wäre eine Möglichkeit.
Wir flüchten vor den ganzen Ständen mit dem Touristenkram und laufen durch eine Gasse hinunter zum Fluss und dort entlang zu unserem nächsten Stopp, einem wirklich schön am Fluss gelegenen Garten-Restaurant, in dem wir eine Kleinigkeit essen.
Nach kurzer Rast und Freyas Einkauf geht es mit dem Boot zurück nach Mandalay. Weder Ein- noch Ausstieg aus dem Boot sind grenzwertig. Geht doch!
Mit dem Bus fahren wir jetzt in eine Goldblättchenfabrik. Klar die ganzen Blättchen, die hier auf die Buddhafiguren geklebt werden, müssen ja auch irgendwo herkommen.
Angeblich gibt es keine industrielle Herstellung und so schlagen hier junge, kräftige Männer mit schweren Hämmern rhythmisch auf Packen kleiner Goldblättchen ein, damit diese wirklich hauchdünn werden. Mädchen und Frauen puzzeln dann das Ergebnis auseinander und schneiden kleine Quadrate daraus. Die werden wiederum in kleine Kästchen gepackt und an Einheimische und Touristen verkauft.
Danach steht der Mahamuni Komplex auf dem Programm. Dieser Tempel zählt zu den wichtigsten in Myanmar und die dortige Buddha-Figur wird jeden Morgen von den Mönchen gewaschen. Wie häufig dürfen Frauen nicht bis zu der Figur. Das Aufbringen von Goldblättchen ist ausschließlich Männern vorbehalten.
Innerhalb des Komplexes gibt es noch 3 Bronzefiguren, die aus Kambodscha stammen und denen nachgesagt wird, dass sie heilende Kräfte haben. Vor allem junge Mönche scheinen viele, viele Zipperlein zu haben. Jedenfalls sind vor allem sie es die vor den Figuren stehen und die unterschiedlichsten Körperteile streicheln.
Ina sucht schon seit einiger Zeit einen Holzbuddha mit einer bestimmten Handhaltung und hofft hier endlich einen zu finden. Freya begleitet sie, aber die Preisvorstellungen sind für ein Land wie Myanmar einfach irrwitzig. Der Preis wird von Händler zu Händler weitergegeben, so dass ein Handeln nicht möglich ist.
Auch die Straße der Steinmetze besuchen wir. Wurde von 15 Jahren wirklich schon so viel mit Flex und Motorsäge gearbeitet? In unserer Erinnerung jedenfalls nicht. Viel Staub liegt in der Luft und keiner der Arbeiter trägt eine Atemmaske. Wir wollen gar nicht wissen wie viele von denen mit 30 Jahren schon eine Staublunge haben.
Für die U Bein Bridge in Amarapura sind wir noch etwas früh und so stoppen wir noch bei einer Seidenweberei. Hauptsächlich wegen der schönen Toiletten dort. Aber ein paar von uns nutzen die Gelegenheit, um noch etwas einzukaufen.
In einer eher dunklen Halle sitzen junge Frauen immer paarweise an einer fast schon antiken Webmaschine. Vor ihnen dutzende von Schiffchen mit farbigen Fäden und ein Blatt Papier auf dem das Muster notiert ist. Aus den Stoffen entstehen dann zum Beispiel traditionelle Hochzeitskleider.
Für die U Bein Bridge hat Thein zwei der Ruderboote organisiert von denen aus man die Brücke gegen den Sonnenuntergang betrachten kann. Da hier mal wieder ein touristischer Hotspot ist, sind alle anderen Boote ausgebucht.
In jedes Boot passen 4 Passagiere und mit den Österreichern und Kurt ist eines besetzt. Von den anderen wollen Jürgen und Ina und der Rest zwar auch, aber nicht so unbedingt. Irgendwann haben wir uns dann auf die Besatzung geeinigt.
Thein schlägt vor, dass wir nicht in der Nähe des Busparkplatzes einsteigen, sondern auf einer Insel in der Mitte der Brücke. Wir laufen also gemächlich über die Brücke und über eine Treppe hinunter auf die Insel. Thein sagt uns noch wann wir wieder hier sein sollen und die Bootsfahrer verteilen sich noch mal. Kurz vor dem vereinbarten Termin sind dann aber außer den Österreichern und Kurt nur Ina und Jürgen da. Während das eine Boot schon mal ablegt, warten Ina und Jürgen. Die Zeit geht vorbei und weder auf der Insel noch auf der Brücke ist jemand aus unserer Gruppe zu sehen. Irgendwann geben sie auf und besetzen das Boot halt zu zweit.
Was dann folgt ist der Witz des Tages: Wir fahren geschlagene 10 Meter vom Ufer in den See und reihen uns dort in die Schlange der anderen Boote ein. Wir witzeln noch, dass das Wasser wahrscheinlich so flach ist, dass wir dorthin auch hätten laufen können und tatsächlich sehen wir später noch einen Reiher der problemlos im Wasser stehen kann. Die Frage ist nur, wie tief der Matsch gewesen wäre in den wir versunken wären.
Der Sonnenuntergang der dann folgt ist Klasse. Für morgen ist der einzige Regen des Urlaubs angekündigt und die Wolken, die bereits anfangen hereinzuziehen färben sich wunderschön rot. Und ja, das Boot hat sich rentiert, denn letztendlich ist dies der einzige Platz von dem aus man die Brücke als Schattenriss gegen die Sonne ablichten kann.
Währenddessen läuft Freya auf der Brücke hin und her und verbringt die meiste Zeit mit Heinfried, der da auch nichts Besseres zu tun hat.
Irgendwann auf dieser Reise hat sich etwas Seltsames etabliert. Wir sind immer etwa 10 Minuten vor der vereinbarten Abfahrt da. Alle! Jetzt ist es aber schon 5 Minuten vor dem vereinbarten Termin und zwei fehlen noch. Prompt macht sich unser Guide Sorgen 🌝.
Den Abend verbringen wir in größerer Runde in einem eher einfachen Lokal in der Nähe vom Hotel.
Vom indischen Viertel in Mandalay können wir nur abraten.
Heute Morgen gibt es in unserem Chaos Hotel kein warmes Wasser, das Frühstück ist mau und der Regen, der uns gestern den schönen Sonnenuntergang gebracht hat, ist auch noch da. Gut, dass es weitergeht.
Auf unserem Weg nach Monywa machen wir noch einen Stopp in Sagaing. Bei unserem letzten Urlaub wäre das nach einem anstrengenden Tag der letzte Tagesordnungspunkt gewesen und damals hat die Gruppe geschlossen dafür gestimmt lieber essen zu gehen.
Heute aber beginnen wir hier und steigen vom Bus mal wieder in einen Pickup der uns über schmale und steile Gassen den Berg hinauf bringt. Oben gibt es Buddhas und Buddhas und Buddhas. Gold vor Türkisgrün. Wir fahren noch zu einer weiteren Pagode und hier das gleiche Bild.
Die Pagoden und Buddha-Figuren sind schön. Wäre das Wetter auch noch schön, würde sich auch der Ausblick lohnen. Tendenziell dürfte sich der Sonnenuntergang von Sagaing aus mehr lohnen als vom Mandalay Hill.